weiterdenken #48: Lebensverwaltung
Das Erwachsenenleben funktioniert leider nicht ohne erheblichen bürokratischen und administrativen Aufwand. Das bereitet meist keine Freude - aber es muss auch keine dauerhafte Belastung sein.
Mit Anfang 20 können es viele Menschen kaum erwarten, auf eigenen Beinen zu stehen: Auszug aus dem Elternhaus, erstes eigenes Einkommen, erster eigener Haushalt, Start ins eigene Leben.
Diese ersten Schritte in diesen längsten und wichtigsten Lebensabschnitt — das Dasein als Erwachsener — sind aufregend, voller Verheißung und Vorfreude.
Den ersten Dämpfer erhält die Freude oft durch die Konfrontation mit der unromantischen Seite des Erwachsenenlebens: Der Lebensverwaltung.1
Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare, Formulare.
Von der vernünftigen Verwaltung der eigenen Finanzen über Steuererklärungen, den Abschluss und das regelmäßige Erneuern von Versicherungen bis zur Ablage der Berge von Unterlagen, die mit alldem einhergehen: Bürokratischer und administrativer Aufwand sind ein ständiger Begleiter.2
Mit den Jahren und Verantwortungsbereichen (Wohneigentum, Ehe und Familiengründung, Testament und Patientenverfügung) wird dieser unerfreuliche Aspekt des Erwachsenenlebens leider immer umfangreicher.
Glücklicherweise gibt es — wie in allen Lebensbereichen — auch in Sachen Lebensverwaltung einige low hanging fruit und ein paar universelle Prinzipien, um mit überschaubarem Aufwand die wichtigsten Herausforderungen zu meistern.
80-20-Regel
Mit nur 20% des Aufwandes erreicht man oft bereits 80% des Ergebnisses.
Für die restlichen 20% bis zum bestmöglichen Ergebnis ist ein Vielfaches an Aufwand nötig.
Diese Gesetzmäßigkeit — popularisiert von Richard Koch — lässt sich auf diverse Lebensbereiche übertragen.
In Bezug auf die Verwaltung des eigenen Lebens beruhigt die 80-20-Regel:
Die wichtigsten Maßnahmen machen nur wenig Mühe.
Dazu zählen aus meiner Sicht unter anderem:
eine Übersicht über regelmäßige Einnahmen und Ausgaben,3
eine Cloud-Ablage für eingescannte Dokumente,4
eine langfristige Altersvorsorge bzw. Geldanlage5 sowie
deren regelmäßige Aktualisierung.6
Oft reicht es, ein paar gut informierte bzw. aufgestellte Menschen nach den wichtigsten Schritten zu fragen und diese zu befolgen, um für die ersten Jahre gut gewappnet zu sein.
Für weitere Optimierungen (die verbleibenden 20%) kann man dann weitere 80% an Zeit, Energie und Geld investieren, soweit und sofern man möchte.
Automatisierung und Delegation
Erst investiert man Zeit, um mehr Geld zu bekommen.
Dann investiert man Geld, um mehr Zeit zu bekommen.
Aus meiner Sicht sollte man sich schon früh darum bemühen, möglichst wenig Administratives eigenhändig erledigen zu müssen.7
Möglichkeit 1: Automatisierung
Automatisierung gehört zu den effizientesten Maßnahmen, die man treffen kann. Man investiert im Idealfall nur einmal Mühe und spart sich ein Vielfaches desselben Aufwandes ein, der ansonsten immer wieder anfallen würde.
Beispiele für Automatisierung im Bereich Lebensverwaltung:
Ein monatlicher Dauerauftrag in die Geldanlage,
Liefer-Abos für Verbrauchsgüter und Nahrungsmittel oder
Vergleichs-Services wie Check24 bieten die automatische Überprüfung der eigenen Verträge (Versicherungen, Internet und Handy, Strom/Gas/Wasser etc.).8
Möglichkeit 2: Delegation
Mit dem nötigen Kleingeld oder passenden Beziehungen sollte man unliebsame Aufgaben frühzeitig an Menschen delegieren, die sie einem entweder gegen Bezahlung bzw. eine Gegenleistung oder als Freundschaftsdienst abnehmen.
Das funktioniert in vielen Aspekten der Lebensverwaltung, u.a. durch Inanspruchnahme von
Haushaltshilfe und/oder Hausmeister-Service
Lohnsteuer-Hilfeverein oder Steuerberater,
Freunden, Verwandten, Mitbewohnern, Nachbarn, Kollegen oder entfernten Bekannten — ganz egal, Hauptsache irgendwer anders erledigt den Kram.
Das Leben ist zu kurz, unsere Zeit auf diesem Planeten zu wertvoll, um sie mit vermeidbaren bürokratischen Scharmützeln zu vergeuden.
Je eher man mit ein paar klugen Maßnahmen einen Großteil der notwendigen Lebensverwaltung im Griff hat, umso mehr Kapazitäten bleiben für den spaßigen und den lehrreichen Teil des eigenständigen Lebens.
Ich würde hier gern von “Selbstverwaltung” schreiben, aber der Begriff ist leider durch eine kleine Gruppe von Spinnern schlecht informierten Menschen aus dem Dunstkreis der Reichsbürger unbenutzbar gemacht worden.
Allen Leserinnen und Lesern, die mich gut genug kennen, um sich grinsend zu fragen, welche Tipps ich ausgerechnet zu diesem Themenfeld zu geben gedenke, sei gesagt:
Leidensdruck steigert die Lernbereitschaft. :P Und ich schreibe diesen Newsletter nun mal, um selbst zu lernen. Und überhaupt kann ich schreiben, worüber ich will. Bätsch.
So, wo war ich? Ach ja: Erwachsenenleben.
Hier die offizielle Vorlage für Microsoft Excel. Auch in Google Sheets gibt es eine “Monatsbudget”-Vorlage.
OneDrive, GoogleDrive, DropBox & Co. bieten allesamt Scanner-Funktionen, um um Rechnungen, Verträge etc. schnell und einfach per Handy-Kamera zu digitalisieren.
Die kostenlosen Pläne dieser Anbieter sollten für die Dokumente eines normalen Haushaltes allemal reichen. Will man den Speicherplatz erweitern, bietet OneDrive derzeit das beste Preis-Leistungs-Verhältnis (2 TerraByte Speicher und Zugriff auf die Microsoft Office-Programme für 7 € pro Monat).
Menschen sind notorisch schlecht darin, langfristige Vernunft dem kurzfristigen Vergnügen vorzuziehen. Eine Geldanlage (z.B. per TradeRepublic), die monatlich automatisch bedient wird, umgeht diese Schwachstelle. Das zukünftige Ich wird es sich selbst danken.
Wer (wie ich) zur Prokrastination neigt, findet in einigen früheren Ausgaben dieses Newsletters Tipps, um sich selbst auszutricksen. Stichworte: Accountability-Partner, Identitätsbasierte Gewohnheiten, Selbstbindungen.
Es sei denn, man hat ein Talent für und/oder Freude an sowas. Dann kann man womöglich anderen Menschen helfen, die normal sind keine Lust auf Papierkrieg haben.
Voraussetzung ist, dass man kein großes Problem damit hat, umfangreiche Daten von sich preizugeben.