weiterdenken #29: Annual Review
Ein systematischer Jahresrückblick bietet die Chance, die eigenen Erinnerungen aufzufrischen, die Zufriedenheit mit dem endenden Jahr zu erhöhen und das kommende Jahr bewusst mitzugestalten.
In der letzten Ausgabe von weiterdenken habe ich Daniel Kahnemans Konzept vom erlebenden und erinnernden Ich - die unterschiedlichen Modi, in denen wir die Gegenwart erfahren und uns später daran erinnern - angesprochen.
Der Jahreswechsel bietet eine bedeutende Gelegenheit, sich Kahnemans Erkenntnisse zunutze zu machen: Mit einem zielgerichteten Jahresrückblick.
Was ist ein Annual Review?
Beim Annual Review wird das auslaufende Jahr systematisch aufgearbeitet.
Es gibt unzählige Varianten einer solchen Reflektion und es können unterschiedliche Ziele verfolgt werden:
Erinnerungen an das aktuelle Jahr auffrischen
Dankbarkeit für Erfolge und schöne Momente erhöhen
Erkenntnisse oder Vorhaben für das neue Jahr ableiten
Starthilfe
Natürlich kannst du dir Format und Inhalt des eigenen Rückblicks selbst ausdenken.
Es gibt aber auch zahlreiche bewährte Vorlagen. Hier einige Beispiele:
Der YearCompass bietet eine umfangreiche, schick gestaltete Vorlage für einen Jahresrückblick samt Ableitung von konkreten Vorhaben für das neue Jahr.
Du wirst in dem Dokument - verfügbar als A4- oder A5-Druckvorlage oder als PDF-Datei - durch den gesamten Prozess geleitet.
Um sich an einem Jahresrückblick zu versuchen, ist das wahrscheinlich ein guter Startpunkt. Leg’ einfach los, lass die Fragen weg, die dir nicht zusagen, und bekomm’ einen ersten Eindruck davon, was dir ein Annual Review bringen kann.
Weitere Inspiration
Falls du bereits Erfahrungen mit solchen Jahresrückblicken hast oder dir direkt einen eigenen zusammenstellen möchtest, hier einige Quellen für zusätzliche Inspiration:
Der Jahresrückblick von Tim Ferriss ist stark an der 80/20-Regel1 orientiert: Er geht seinen gesamten Kalender durch und sucht nach den 20% der Ereignisse, Aktivitäten und Menschen, die
zu 80% seiner positiven Momente sowie
zu 80% seiner negativen Momente
beigetragen haben.
Die Einträge auf der ersten Liste versucht er im kommenden Jahr häufiger zu wiederholen, die auf der zweiten Liste zu minimieren oder ganz zu eliminieren.
Ali Abdaal hat eine lange Liste von Reflektionsfragen, von denen er immer mindestens die folgenden drei beantwortet:
Wann und warum warst du dieses Jahr stolz auf dich?
Wenn du eine Erkenntnis aus diesem Jahr (die jemandes Lebensqualität erhöht) weitergeben müsstest, welche wäre das?
Was hat dich dieses Jahr vor Aufregung nicht schlafen lassen? War die Aufregung gerechtfertigt? Würdest du mehr davon tun wollen?
Darüber hinaus hat er eine Sammlung zahlreicher weiterer pfiffige Fragen erstellt, aus der man sich bedienen kann.
Der Jahresrückblick von James Clear ist dagegen enorm minimalistisch. Er beantwortet drei Fragen:
Was lief dieses Jahr gut?
Was lief dieses Jahres nicht so gut?
Worauf arbeite ich hin?
Unter den Schlagworten “Annual Review” sind zahllose weitere Anregungen zu finden.
Egal, für welches Format man sich entscheidet: Ein ernsthafter Blick zurück auf das vergangene Jahr bietet die Chance, den Verzerrungen und Lücken der eigenen Erinnerungen etwas entgegenzusetzen. Erfolge, Momente des Stolzes, aber auch lehrreiche Fehler geraten viel zu schnell in Vergessenheit.
Also: Nimm dir an einem der ruhigen Tage rund um den Jahreswechsel ein, zwei Stunden Zeit für dich. Statte dich mit etwas zum Schreiben aus und durchstöbere Fotos, Videos und Chatverläufe auf dem Handy, Kalendereinträge oder dein Tagebuch.
Du wirst überrascht sein, wie anders dein Jahr verlief als du es in Erinnerung hast- und welche spannenden Einblicke dir entgangen wären.
Auch als Pareto-Prinzip bekannt; Kernaussage: 80% eines Ergebnisses oder Erfolgs werden von nur 20% des Inputs oder Aufwands erzeugt; die restlichen 80% Aufwand sorgen nur noch für maximal 20% bessere Ergebnisse.