Es gibt sie wirklich, diese mysteriösen Duschgedanken.
Eine solche Eingebung in der Dusche ist die Grundlage für meinen neuen Blog-Artikel. Ich war auf der Suche nach einem Begriff, mit dem ich ein bestimmtes Lebensgefühl umreißen kann: Das Gefühl, den kleineren und insbesondere größeren Herausforderungen des Lebens eines Erwachsenen nicht wirklich gewachsen zu sein — zugleich aber auch die Motivation und Freude daran, zielgerichtete Schritte zu unternehmen, um daran etwas zu ändern und in dieses Leben hinein zu wachsen.
Unter dem Wasserstrahl kam mir dann völlig unvorbereitet die simple wie passende Idee: Erwachsende. Mit diesem Begriff führe ich fort, was ich in Ausgabe 50 begonnen hatte:
Ich bin noch lange nicht am Ende meiner Überlegungen. Aber für den Moment freue ich mich über Rückmeldungen und Feedback, was ihr von dem Begriff haltet.
Hier der gesamte Artikel (und hier auf dem Blog):
Das Wort „Erwachsener“ führt in die Irre.
Es suggeriert, dass man plötzlich, nachdem man irgendeinen Schritt absolviert oder eine Entwicklung durchlaufen hat, ein neues Stadium erreicht. Dass man aus einem früheren Zustand heraus-erwachsen ist.
Juristisch mag das der Fall sein: Spätestens ab dem 21. Geburtstag gilt man als eigenverantwortliches Mitglied der Gesellschaft, darf Entscheidungen jedweder Tragweite treffen und muss die Konsequenzen eigener Handlungen aushalten.
Die rechtliche Freigabe zum Treffen von kleinen Alltags- und großen Lebensentscheidungen ist allerdings aus meiner Sicht etwas anderes, als das, was das Erwachsen(er)sein ausmacht: Die Fähigkeit, solche Entscheidungen souverän und kompetent treffen zu können. Das Fehlen dieser Kompetenz ist es, was bei vielen jungen Menschen ein Gefühl von mangelnder Vorbereitung und Überforderung auslöst.
Dieses Erwachsen(er)werden ist ein anhaltender Prozess. Selbst im hohen Alter kann man sich noch ziemlich unreif verhalten oder sich existenzielle Fragen stellen: Wer möchte ich sein? Wie verhalte ich mich richtig? Wie schöpfe ich mein Potenzial aus?
Plötzlich erwachsen?
Irgendwo zwischen Anfang 20 und Ende 30 steht man vor einer gewaltigen, manchmal beängstigenden Menge an Herausforderungen – von der simplen Organisation des Alltags und der ersten Berufstätigkeit über Familiengründung und die damit einhergehende Logistik bis hin zur Selbstverortung auf dem Planeten und unter seinen Bewohnern.
Man stolpert in die wichtigsten Herausforderungen des gesamten Lebens weitgehend unvorbereitet hinein.
In diesem Alter, in einer solchen Situation, fühlt man sich nicht als Erwachsener.
Noch nicht.
Vielleicht niemals.
Aber deswegen muss man es noch lange nicht dem Zufall überlassen, ob man jemals reif genug, erfahren genug, fähig genug für all das sein wird.
Man kann den eigenen Lern- und Reifeprozess systematisch, bewusst, reflektiert und zielgerichtet gestalten.
Das habe ich mir vorgenommen – und betrachte mich daher als Erwachsender.
Und ich bin sicher nicht der einzige junge Mensch, der bemüht ist, seinen Alltag zu meistern, seiner Verantwortung gerecht zu werden, seinen Platz im Leben zu finden und sich selbst zu verwirklichen.
„Du wirst zu dem, worauf du deine Aufmerksamkeit richtest.“ (Epiktet)
Erwachsender sein
Wir Erwachsende haben verstanden, dass
Volljährigkeit viel Verantwortung, aber nicht automatisch viel Kompetenz bedeutet;
wir noch viel zu lernen und vielleicht noch mehr wieder zu verlernen haben;
die Herausforderungen des Lebens zu zahlreich und zu komplex sind, um unvorbereitet drauflos zu leben; und
bewusstes Erwachsen(er)werden Erfolg nicht garantiert, ungezieltes Geschehen-Lassen aber Fehlschläge und Misserfolg geradezu unausweichlich macht.
Wir Erwachsende erkennen, dass unsere Entwicklung ständig im Fluss ist und nie endet. Wir begreifen das als Chance, herauszufinden und zu gestalten, wer wir sein können.
Wer sich darin wiedererkennt, ist hier richtig.
Wir sind die Erwachsenden.